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Wintertour [Seite 2 von 4 ][weiter][zurück]
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Eines Morgens hatte ich ein nettes, kältebedingtes Problem
mit dem Benzinkocher. Ich pumpte und pumpte, aber irgendwie wollte
das Ding nicht so richtig brennen. Also fummelte ich an den Ventilen
und pumpte weiter. In den dünnen Fleecehandschuhen bekam ich
schnell eiskalte Finger. Nach einer kleinen Ewigkeit brannte der
Kocher dann doch und ich, in meinem Kummer, wollte mir die kalten
Finger an der Flamme wärmen. Das ging einige Augenblicke gut,
dann explodierte mein rechter Handschuh in einer gewaltigen Stichflamme.
Zum Glück hatte ich außerhalb des Zeltes den Kocher angeworfen,
sonst wäre es wohl gründlich in die Hose gegangen. So
kam ich mit angeschmorten Handschuhen davon und hatte die Gelegenheit
mir Gedanken zu machen: Die Dichtungen des Kochers waren in der
Kälte hart und spröde geworden und so leckte er ganz beträchtlich.
Während ich an den Ventilen fummelte, saugten die Fleecehandschuhe
das Benzin auf. Daher die eiskalten Finger! Kaltes Benzin brennt
kaum, erst als ich es über dem Kocher erwärmte ist dann
der getränkte Handschuh explodiert.
In diesen Tagen hatte ich noch weitere Probleme mit der Kälte:
Die Gummibänder im Zeltgestänge leierten völlig aus,
die inneren Nahtbänder meiner 350 Euro teuren Dreilagen Goretexjacke
fielen einfach ab, die Zeltnahtbänder ebenso. Die Axt zerbrach,
das Kugelgelenk des Kamerastativs tat es der Axt gleich. Zwei meiner
drei Kameras gaben in der Kälte den Geist auf. Aber mir gings
gut, ich fühlte mich richtig wohl. Die Nächte verbrachte
ich in zwei ineinander geschobenen Schlafsäcken, einem inneren
Daunenschlafsack und einem äußeren Kunstfaserschlafsack.
Der Daunenschlafsack war bis -20 Grad Celsius ausgelegt und der
Kunstfaser Schlafsack bis -50 Grad Celsius. Zusammen waren beide
unschlagbar warm, wenn auch in der Kombination fünf Kilo schwer.
Nach einigen Nächten hatte sich Eis im Kunstfaserschlafsack
angesammelt. Ich hatte zwar einen Vapour Barrier mit, wollte aber
nicht ständig in diesem Ganzkörperkondom liegen. Das Eis
konnte ich jedoch loswerden indem ich beide Schlafsäcke jeweils
morgens und Abends zwei Stunden der kalten trockenen Luft aussetzte.
Das Eis sublimierte langsam aber sicher aus den Säcken.
Am dritten Tag erreichte ich den Snake River und folgte seinem Lauf
stromauf. Stellenweise war der Schnee vom Wind weggefegt und der
Schlitten glitt mühelos über das Flusseis. Ich machte
mir keine Sorgen, dass das Eis unsicher sein könnte, denn während
der letzten Nächte war es bitterkalt. Ich erwartete meterdickes
Eis. Irgendwann hörte ich jedoch ein Gluckern und Glucksen.
Augenblicklich blieb ich stehen, bückte mich und fegte die
Eisblumen vom Eis. Entsetzt sah ich den Kiesgrund und Luftblasen,
die schnell unter dem Eis davonschossen. Das Eis war dünn,
verdammt dünn. Sofort machte ich mich zum rettenden Ufer auf
und schlug mich in die Büsche. Doch im Uferwald ging es nur
noch langsam vorwärts, umgestürzte Bäume und dichte
Büsche sind für die Pulka ein echtes Hindernis. Ständig
blieb der Schlitten in den Büschen hängen. Ich hielt mich
immer am Fluss, wollte so den Lake Nunavaugaluk erreichen. Nach
wenigen Kilometern war der Fluss offen, das Hinterland dagegen wurde
immer undurchdringlicher.
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