Durch
weite Erlenfelder ging es am nächsten Tag weiter hinauf,
zunächst bis zum Col de la Haute Route auf 2206 Meter, dann
wieder im Abstieg, teilweise über große Felsblöcke
hinweg bis auf 1990 Meter. Kaum waren wir am tiefsten Punkt angekommen,
stand der nächste Anstieg über Felsplatten und Geröllrinnen
auf dem Programm. Belohnt wurden wir durch einen phantastischen
Blick auf den Lac de Melo und den Lac de Capitello. Kurz darauf
erreichten wir mitten in den Wolken die Breche de Capitello, mit
2225 Metern der höchste Punkt des GR20.
Der anschließende Abstieg durchs Manganu Tal wurde von heftigem
Regen begleitet. Über Wiesenterassen und Felsriegel, die
bei Nässe unangenehm abzusteigen sind, erreichten wir das
Biwakgelände der Manganu Hütte. In der Nacht klarte
es auf und am Morgen bedeckte eine dünne Eisschicht unser
Zelt.
Die kommende Etappe von der Manganu Hütte zum Col de Verghio
war eine der schönsten. Bei Sonnenschein marschierten wir
über die weite Hochebene des oberen Tavignano Tals, erfreuten
uns an Pferden, Macchiaschweinen und Schafen, die frei umherzogen.
Der Lac de Nino empfing uns mit leuchtendem Tiefblau und einem
warmen Lüftchen. Selbst der Aufstieg zur Bocca a Reta war
harmlos. Bis zum Col San Pierre folgten wir dem Grat nach Westen,
stiegen kurz vor dem U Tritore etwa hundert Meter ab und marschierten
weiter durch Buchenwald bis zum Col San Pierre, an dem eine arg
vom Wind gebeutelte Buche steht. Der Wind weht hier offensichtlich
beständig stark aus westlicher Richtung. Weiter gings durch
Buchenwald bis zum Castell de Verghio. Wir übernachteten
in der Skistation und machten uns im Speisesaal der Station gierig
über das Abendessen her.
Ohne
Lagerabbau ging es am kommenden Morgen viel früher los. Wir
folgtem zunächst der Straße bis wir an der Straßenkehre
"Fer a Cheval" wieder auf den GR 20 stießen. Nach
kurzem Marsch erreichten wir an der Bergerie Radule den Einstieg
in das Golo Tal. Von dort an ging es beständig aufwärts,
über 670 Höhenmeter im Anstieg. Das Golotal, mit seiner
dramatischen Felskulisse und den zahlreichen Gumpen die zum Baden
oder Verweilen einladen, ist besonders schön. Nach drei Stunden
Aufstieg waren wir auf 2000 Metern und campierten etwas abseits
der Hütte Ciottulu di i Mori. Das Hüttengelände
liegt genau am Fuß des Capu Tafunato und der Paglia Orba.
Meine Frau Siglinde hatte bereits vor einigen Jahren die Paglia
Orba bestiegen, so machten wir uns Abends noch auf, stiegen die
Paglia etwas höher um einen Blick auf das Loch (30x12m) im
Gipfelaufbau des gegenüber liegenden Capu Tafunato zu erhaschen.
Am nächsten Tag führte die Route vom höchsten Lagerplatz
des gesamten GR20 hinunter, wieder über 620 Höhenmeter
im Abstieg. Dann ging es weiter durch schattigen Kiefernwald,
vorbei an der Bergerie Ballone und anschließend durch offenes
Gelände hinauf zur Tighiettu Hütte. Es war eine kurze
Etappe, aber wir wollten es für die kommende Königsetappe
ruhig angehen lassen.